Cannstatter Volksfestzeitung 2018

Madame Odessa, Wahrsagerin Wer aus einer solchen Fami­ lie stammt, kommt mit ei­ nem Job im Büro wohl nicht klar. Der Name Traber ist in Zirkuskreisen bekannt und seit dem 18. Jahrhundert mit Hochseilartistik verbunden. Auch Renee Traber war als Hochseilartistin unterwegs. „Die Familie ist groß. Da muss man schauen, wo man bleibt.“ Seit mehr als 20 Jahren reist sie als Madame Odessa von Festplatz zu Festplatz und verdient ihr Geld als Wahrsa­ gerin, die aus der Hand liest und Karten legt. Ein Hand­ werk, das man nicht erler­ nen kann. Dafür gibt es keine Kurse oder schlauen Bücher. „Es wurde mir in die Wiege gelegt.“ Sie sieht sich als gute Hexe im Dorf. Denn ihr Wohn­ wagen, mit dem sie unter­ wegs ist und in dem sie lebt, steht im Almhüttendorf – bei Frühlingsfest und Volksfest. Von April beim Frühlingsfest bis zum Weihnachtsmarkt in Hamburg bietet sie ihre Kunst an. Dann benötigt sie eine Pause und zieht sich auf ei­ nen Bauernhof bei Aachen zu­ rück, nutzt die freie Zeit und erholt sich. „Das brauche ich für mich, um meine Batterie Der ist wichtig. Denn für die ehrenamtliche Tätigkeit – die Fahrer erhalten nur eine kleine Aufwandsentschädi­ gung – sind Geduld und Ner­ venstärke ebenso wie Idealis­ mus gefragt. Denn teilweise muss der Heimweghelfer von abgelegenen Orten per Taxi wieder zurück zum Wasen. Der Kunde bezahlt für den Service lediglich die Taxikos­ ten des Chauffeurs zurück zum Wasen, hat sein eigenes Auto nach dem Wasenbesuch dafür vor der Haustüre stehen. Bezahlen muss der Kunde vor Fahrtantritt. Das Fahrzeug ist versichert, sodass dem Kun­ den im Schadensfall keine Kosten entstehen oder dessen Haftpflicht in Anspruch ge­ nommen wird. Seit 1965 bie­ tet die Heimweghilfe auf dem Volksfest ihre Dienste an – von 20 Uhr bis eine Stunde nach Festende. Vor zwei Jah­ ren hat das bundesweit ein­ malige Modell die 10 000. Fahrt durchgeführt. Gefah­ ren wird alles, vom Trabi bis zum Porsche. Auch ein Rechts­ lenker war schon dabei. „Das ist natürlich toll“, beschreibt Genkinger. Die Kunden sind vielfältig. Politiker, Manager, VfB-Kicker nehmen den Ser­ vice genauso in Anspruch. Es gibt auch viele Stammkunden. Paris hat sogar zum ersten Mal ein Dirndl getragen. Peter Genkinger, Heimweghilfe Seit 30 Jahren fährt Peter Gen­ kinger für die Heimweghilfe Wasenbesucher nach Hause. „Ich bin nach einem Volksfest­ besuch an der Heimweghilfe vorbeigekommen und dachte mir: ‚Was ist das denn?‘“ Der Lagerist informierte sich und war von der Idee begeistert. Im Jahr darauf heuerte er als Fahrer an. „Man muss schon gerne Auto fahren, das tue ich. Auch unterschiedliche Mo­ delle. „Es macht mir Spaß.“ der Empore von Wilhelmers Schwabenwelt und sorgt mit Mimmo & Friends für Unter­ haltung. Bei Wind und Wetter immer im Freien. Da muss die Französin, die seit 21 Jahren in Deutschland lebt, natürlich auf ihre Stimmbänder achten. „Ich nehme viele Vitamine zu mir und passe auch bei der Ernährung auf.“ Viel Schlaf sei wichtig und kein Alkohol. Sie hat eine spezielle Geheim­ mischung. „Heißes Wasser mit frisch gepresster Zitrone ist auch sehr gut.“ Und tags­ über wenig reden. „Wenn es im Hals kratzt, kommunizie­ ren wir mit den Augen.“ Sie hat wegen eines Plattenvertra­ ges Paris in Richtung Deutsch­ land verlassen, hat seitdem viel Erfahrung im Musikbusi­ ness gesammelt. 2002 hat sie bei Boxkämpfen der Klitsch­ kos bei den Vorkämpfen ge­ sungen, ein Album mit Ha­ rald Glööckler aufgenommen, mit Al Bano gearbeitet und ist mit Thomas Anders auf ei­ ner Privatveranstaltung aufge­ treten. Auf dem Wasen sei es wie ein Familientreffen. „Die ganze Welt trifft sich hier.“ Die Stimmung sei in diesem Jahr von Anfang an gut. Es sei zwar sehr anstrengend, aber es gebe viel positive Energie. „Ich habe viel Freude hier.“ Die Veranstaltung sei typisch deutsch. „So etwas haben wir in Frankreich nicht.“ Dolicia Madame Odessa legt die Karten und interpretiert die Handlinien. >> Mit Peter Genkinger am Steuer kommen motorisierteWasenbesucher sicher zu Hause an. >> 44 ❤ Cannstatter Volksfestzeitung 2018

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